Wermut ist aromatische Vielfalt

Kurz erklärt, klingt alles ganz easy: man nimmt zuerst Wein, gibt in hochprozentigem Alkohol eingelegte (im Fachjargon: mazerierte) Kräuter, Früchte, Blüten, Gewürze, Wurzeln oder Rinden hinzu und hat dann noch die Option, diese Mischung zu süßen – je nachdem welche Stilistik des Wermuts erzielt werden soll.  

Ein Korken einer Wermutflasche

Der Wein / der Körper

Je nach Herkunft variieren die Grundweine. Überwiegend wird mit weißen Rebsorten gearbeitet – immer mehr Produzent*innen experimentieren jedoch auch mit roten Rebsorten (bei ver gibt es beispielsweise den apros Red Vermouth oder den Vermú Arlini Tinto).  

In Spanien findet man vor allem Macabeo, Monastrell oder Garnacha, in Italien Moscato, Cortese oder Trebbiano di Romagna und in Deutschland heimische Sorten wie Spätburgunder, Grauburgunder oder Riesling.

In der EU ist der Weinanteil reguliert: mindestens 75% Wein müssen im Wermut enthalten sein. Zudem gibt es noch weitere Regulierungen bezüglich der Kräuterauswahl und der zugelassenen Süßstoffe.

Stilisiertes Wermutkraut

Die Botanicals / die Seele

Wermut darf nur als solcher betitelt werden, wenn mindestens eine Art von Wermutkraut (Artemisia) verwendet wurde – heute vor allem das Echte oder Gemeine Wermutkraut aka Artemisia Absinthium (genau: auch im Kuss der grünen Fee enthalten). Und jetzt habt ihr schon die perfekte Steilvorlage für euren nächsten Small Talk. Das Kraut duftet herb, recht würzig und schmeckt richtig bitter – ist also tonangebend in der Bitterkeit des fertigen Wermuts. Aber Wermutkraut kann noch um einiges mehr – es besticht durch ein erstaunliches Aromaprofil: zarter Anis, Minze und Salbei, frische Zitrusnoten. Um nur einige zu nennen.

Zusätzlich prägen zahlreiche Botanicals den Geschmack von Wermut: Wurzeln, Rinden, Blüten, Früchte, Blätter, Gewürze und Samen. In manchem Wermut findet ihr 20-30 Botanicals, in einem anderen bis zu 150.

Die wirkliche Rezeptur ist natürlich meistens streng geheim – wir haben für euch trotzdem bei allen Hersteller*innen nachgefragt. Je nach Produzent*in variieren die Verfahren, durch die Botanicals ihre Aromen abgeben. Ein Weg, die Aromen zu lösen: die Botanicals in Alkohol einlegen (mazerieren) und anschließend pressen oder schleudern. Nach einer gewissen Zeit entfernt man die angesetzten Ingredienzien aus dem Alkohol. Die herbe Tinktur, die dabei entstanden ist, beseelt später den Wein.

Stilisierter Zuckerwürfel

Die Süße / das Herz

Und mit Herz meinen wir Schokoherz. Die Süße ist die dritte elementare Dimension von Wermut. Sie gleicht die Bitterkeit mancher Botanicals aus. Der Zucker kann aus unterschiedlichen Quellen stammen: der Restsüße des Grundweins, zugegebenen Früchten oder Traubenmost, Honig, karamellisierter oder einfacher Zucker.

Je nachdem, wieviel Zuckergehalt der Wermut am Ende pro Liter enthält, unterscheidet man verschiedene Kategorien: begonnen bei Extratrocken (mit weniger als 30 Gramm Zucker/Liter) über Halbtrocken (zwischen 50 und 90 Gramm Zucker/Liter) bis hin zu Süß (über 130 Gramm Zucker/Liter).

Manche Hersteller*innen verzichten komplett auf zusätzliche Süßungsmittel. Ihr seht – am Ende kommt es auf die Stilistik und die Hersteller*innen an. Was dafür spricht, so viel verschiedenen Wermut wie möglich zu probieren… *wink wink*

Du brauchst es visueller?

1. Kräuter

  • Basis: Aromatische Auszüge aus Pflanzenstoffen (Samen, Rinden, Wurzeln, Kräuter, Gewürze, etc.)
  • Mindestens eine Sorte von Wermutkraut

2. Mazeration

  • Botanicals werden in hochprozentigen Alkohol eingelegt (dauert mehrere Wochen)
  • Dadurch extrahiert hoher Alkoholgehalt Aromastoffe 

3. Der Wein

  • Je nach Land oder Erzeuger unterschiedliche Rebsorten (Muskateller, Clairette, Macabeo, Spätburgunder, etc.)
  • In den meisten Fällen Weißwein (Rotweine aufgrund störender Tannine eher selten, aber immer öfter)

4. Aufspriten des Weins (Alternativ: Verarbeitung des komplett fertigen Weins)

  • Wein mit hoher Restsüße (Kontrast zum bitteren Wermutkraut)
  • Stoppen der alkoholischen Gärung durch Zugabe hochwertigen hochprozentigen Alkohols im Gärtank
  • Dadurch sterben Hefen ab: es bleibt ein Wein mit höherem Zuckergehalt und höherem Alkoholgehalt durch zugegebenen hochprozentigen Alkohol zurück

5. Süßen

  • Um Balance im Wermut zu erzeugen: Spiel aus bitter-süßen Noten
  • Mögliche Arten: herkömmlicher Zucker (oft bei weißem Wermut), karamellisierter Zucker (bei rotem Wermut), Saccharose, konzentrierter Traubenmost

6. Mischen, filtern, lagern

  • Am Ende des Prozesses Wein, Bitters aus Botanicals und Süßungsmittel mischen
  • Lagerung, um Wermut zu harmonisieren

7. Abfüllen, verpacken und euch allen zuschicken

Pur, mit Soda oder als Cocktail – Wie trinkt man Wermut?

Trinkt man Wermut, trinkt man reines Sonnenlicht – finden zumindest wir. Das schmeckt mal süßer, mal bitterer, zitronig-frisch oder kräuterbetont – je nach Hersteller*in, Land oder Stilistik und je nachdem, ob man ihn pur, mit Soda oder in einem Cocktail trinkt.

Wenn die Sonne ihr orange-rotes Licht auf die Terrassen Spaniens und auf die geschlossenen Augenlider der Bar-Gäste legt, ist „l’hora del vermut“. Man genießt Wermut dann auf Eis und mit einer Zitronen- oder Orangenscheibe, manchmal auch mit einer Olive garniert. Ein Spritzer Sodawasser verdünnt den Wermut und bringt Leichtigkeit (so trinken wir ihn eigentlich am liebsten).

In Cocktails belebt Wermut viele Spirituosen, egal ob Gin, Whisky, Wodka oder Tequila. Ihr kennt ihn bestimmt aus Klassikern wie dem Negroni, Martini oder Manhattan. Bartender*innen streben oft nach Balance von süßen, sauren und bitteren Geschmacksnoten – mit Wermut gelingen aufregend ausgeglichene Mischungen.

Um es einfach zu machen: sprengt die Grenzen und genießt ihn so, wie euch es am besten gefällt! 

Wermut und Speisen

Okay, wir haben geklärt, weshalb Wermut bei euch zuhause nicht mehr fehlen sollte. Wir legen allerdings noch einen drauf: Wermut passt - und zwar hervorragend - zu den unterschiedlichsten Speisen. 

Wart ihr schon mal in Spanien, wisst ihr es eh: Patatas bravas, Conservas (also in Öl oder Essig eingelegte Sardinen, Anchovies, Muscheln, etc.), Tortillas, Jamón ibérico, Fischleberpastete – kurzum, alles, was an Tapas so in eure Münder fliegt.

Und so stellen wir uns einen perfekten sonnigen Nachmittag vor: mit Freund*innen verschiedene Sorten Wermut verkosten, unendlich viel Lachen und snacken – egal, ob es spanische Tapas oder italienische Köstlichkeiten sind. Hauptsache ihr habt Spaß.

Soll es doch etwas feiner sein? Auch da kann Wermut mithalten (was denn sonst). Besonders in der französischen Küche werden viele Saucen mit Wermut verfeinert – gerne auf Basis süßlicher Weine und einer sehr großen Hand voll Kräuter hergestellt. Passt hervorragend zu Geflügel- oder Fischgerichten. Passt auch sehr gut in leichten Suppen … passt einfach zu wahnsinnig viel. Also bleibt verrückt, werdet kreativ und probiert herum. 

Hype seit tausenden Jahren – Seit wann genießt man Wermut?

Wein hat man schon in der Antike mit Botanicals angereichert. Damals trank man den aromatisierten Wein vor allem, um körperliche Beschwerden zu lindern und den Wein länger haltbar zu machen.

In Italien, vor allem in und um Turin, wurde Wermut im 18. Jahrhundert erstmals produziert. Die Manufakturen in Turin bedienten die Nachfrage in Europa und darüber hinaus, was zu einer boomenden Exportindustrie führte. Frankreich war der zweite wichtige Player im Wermut-Geschäft. In Spanien begann die Wermut-Produktion im späten 19. Jahrhundert, das Land etablierte sich schnell als wichtiger Akteur.

In den vergangenen 20 Jahren begann Wermut immer heller zu strahlen, er wurde wiederentdeckt. Heute kreieren traditionelle und neue Hersteller*innen der Szene Wermut. Neue Wermuts kommen aus Deutschland, Österreich, den Niederlanden, den Vereinigten Staaten, Neuseeland, Australien und Südafrika. Und viele davon werdet ihr auch bei uns finden.

Sonnenstrahlen lagern – Wie bewahrt man Wermut auf?

Wollt ihr euren Wermut nicht gleich trinken, lagert die Flaschen am besten kühl, dunkel und trocken. Habt ihr die Flasche einmal geöffnet stellt sie am besten in den Kühlschrank – und zwar gut verschlossen.

So behält euer Wermut seine aromatische Vielfalt. Auch wenn er dann länger hält als Wein, solltet ihr versuchen, angebrochene Wermuts innerhalb von 2 Monaten zu verbrauchen. Aber wir sind uns sicher: so lang werdet ihr gar nicht brauchen…  

Streng reguliert – Wann ist Wein mit Kräutern Wermut?

Ob ein Produkt als Wermut bezeichnet werden darf, hängt von den Gesetzen im jeweiligen Land ab. In Europa ist die Bezeichnung Wermut durch die EU-weite Spirituosen-Verordnung geschützt. Wermut muss bestimmte Mindestanforderungen hinsichtlich der Zusammensetzung, Herstellung und Kennzeichnung erfüllen, um als solcher verkauft werden zu dürfen. Reguliert werden vor allem der prozentuale Weinanteil (mindestens 75%), die verwendeten Kräuter (mindestens eine Sorte von Wermutkraut) und Gewürze sowie die Alkoholstärke (zwischen 14 und 21,9 Volumenprozent).

Gib mir Sonne auf die Zunge! Der passende Wermut für mich

Wir hoffen, mit unserer Auswahl sowohl Anfänger*innen als auch Fortgeschrittene zu erfreuen. Schaut euch hier an, welchen Wermut wir im Sortiment haben, die Beschreibungen sollten euch helfen, euren Wermut zu finden. Uns machen sie alle glücklich. Wir bauen unser Sortiment sukzessive aus – schickt uns gern einen Tipp aus euren Urlauben oder Barbesuchen, wenn ihr etwas Spannendes gefunden habt.